Tipps für Angehörige von Demezerkrankten: Fünf Fragen an sich selbst

Wer einen demenziell erkrankten Angehörigen hat, steht immer wieder vor der Frage, wie man sich richtig verhalten soll. Manchmal sind die Äußerungen und Wünsche, aber auch Handlungen von Dementen so merkwürdig, manchmal auch kränkend, dass es einen sehr verunsichern kann.

Doch versuchen Sie doch einmal, sich in den Demenzkranken hineinzuversetzen. Die folgenden Situationsbeschreibungen geben Ihnen einen Hinweis darauf, wie sich Ihr demenziell veränderter Anhehöriger in manchen Situationen fühlen mag. Beantworten Sie sie aus Ihrer heutigen Perspektive. Wie würden Sie in den folgenden Situationen reagieren und vor allem: Was würden Sie dabei fühlen? Vielleicht haben Sie einige der anschließend beschriebenen Situationen sogar schon einmal erlebt? Übertragen Sie die in den Fragen beschriebenen Situationen auf die alltäglichen Erlebnisse, die Sie kennen.

Frage 1: Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihr Auto in einem großen Parkhaus geparkt. Sie merken sich die Platznummer und die Etage. Nach einem kurzen Einkauf gehen Sie zielstrebig zu dem Parkplatz hin. Doch Ihr Auto steht nicht mehr da. Was kommt Ihnen zuerst in den Sinn?

a. Ich denke: „Oh, da habe ich mich wohl geirrt … wie war die Nummer noch mal?“

b. Im ersten Moment denke ich, man habe mich bestohlen, und bekomme Herzklopfen.

c. Ich laufe ziellos und suchend im Parkhaus umher und versuche, mich zu erinnern.

Erläuterung: Demenziell veränderte Menschen laufen häufig ziellos umher. Sie finden gewohnte Wege nicht mehr und verlieren zunehmend die Orientierung. Sie erleben möglicherweise eine kurze Schrecksekunde im Parkhaus. Ihr Angehöriger erlebt diese regelmäßig.

Frage 2: Sie befinden sich bei einer großen Tanzveranstaltung. Sie haben Ihr Glas auf einem der Stehtische abgestellt und einige Zeit getanzt. Anschließend haben Sie Durst und trinken Ihr Glas aus. Beim Schlucken bemerken Sie, dass Ihr Getränk merkwürdig schmeckt. Wie reagieren Sie?

a. Ich warne meine Bekannten, die mit mir auf der Tanzfläche waren, nicht von ihren Getränken zu trinken.

b. Ich sage nichts, passe aber sehr genau auf, ob mir schlecht wird oder ob ich ohnmächtig werde.

c. Ich denke nichts weiter und bestelle noch ein Bier.

Erläuterung: Im Alter verändert sich der Geruchs- und Geschmackssinn. Besonders bei einer beginnenden Alzheimer-Demenz kann das Nachlassen des Geruchssinns ein Frühsymptom sein. Wenn Mahlzeiten und Getränke hierdurch ständig anders schmecken als erwartet, kann dies leicht den Eindruck erwecken, dass mit den Nahrungsmitteln etwas nicht stimmt oder diese sogar vergiftet sind.

Frage 3: Sie haben aus Versehen eine Stunde zu früh den Wecker gestellt. Sie ziehen sich an und gehen zur Arbeit. Sie sind als Erste am Arbeitsplatz. Was ist Ihre allererste Reaktion?

a. Ich ärgere mich, dass noch keiner da ist.

b. Ich wundere und frage mich, was heute los ist. Mir fällt plötzlich auf, dass die Straßen heute Morgen ungewöhnlich leer waren. Ich frage mich schließlich, ob etwas passiert ist, wovon ich nichts mitbekommen haben.

c. Ich weiß sofort, dass ich zu früh bin.

Erläuterung: Demenziell veränderte Menschen verlieren zunehmend das Zeitgefühl. Auch wir als orientierte Menschen benötigen zur zeitlichen Orientierung häufig Hilfsmittel. Ohne den Blick auf die Uhr wüssten wir auch häufig nicht, wie spät es ist.

Frage 4: Sie treffen unterwegs einen guten langjährigen Bekannten und Ihnen fällt sein Name nicht ein.

a. Ich fragen ihn, wie er heißt, und gebe es zu, seinen Namen vergessen zu haben.

b. Ich umgehe es einfach, ihn mit Namen anzusprechen.

c. Ich breche das Gespräch so schnell wie möglich ab, denn die Situation ist mir sehr peinlich. d. Ich wähle eine allgemeingültige herzliche Ansprache wie etwa „mein Lieber“ oder „meine Liebe“.

Erläuterung: Im Verlauf der demenziellen Erkrankung vergessen Menschen immer mehr Einzelheiten aus ihrer Vergangenheit. Gleichzeitig wissen sie aber auch, dass sie es eigentlich wissen müssten. Hierbei nutzen die erkrankten Personen häufig ihr ganzes Geschick und kreative Ausreden, damit niemand ihre Defizite bemerkt.

Frage 5: Sie wollen wie immer morgens zur Arbeit. An Ihrer Wohnungstür hält Sie ein Nachbar auf und sagt Ihnen, dass Sie schon seit 10 Jahren in Rente sind.

a. Ich glaube ihm nicht und frage mich, ob er verrückt geworden ist oder ob er mir einen Streich spielen will.

b. Ich denke, dass ich wohl etwas vergessen habe, und gehe wieder in meine Wohnung.

c. Ich beachte ihn nicht weiter und gehe meiner Wege.

Erläuterung: Demenzerkrankte leben abwechselnd in ihrer Vergangenheit und im Hier und Jetzt. Daher können sie es teilweise kaum glauben, wenn eine andere Person versucht, sie in die Gegenwart zu holen.

Beobachten Sie Ihren demenziell veränderten Anghörigen in den nächsten Wochen einmal genauer. Möglicherweise entdecken Sie Parallelen zu Ihren eigenen Verhaltensweisen.